Berlin dürfte die Stadt in Deutschland sein, die mit über 80 Weihnachtsmärkten Weihnachtsmarkt-Rekord verdächtig ist. Das Bild oben zeigt einen Berliner Weihnachtsmarkt aus dem Jahre 1865. Es ging hier besonders laut zu. Wie auf einem Jahrmarkt priesen die Verkäufer ihre Waren lautstark an. Im Beitragsbild ganz oben, von Ludwig Richter gezeichnet, seht ihr zwei Kinder, die Zwetschgen-Männchen verkaufen. Auf einer Tafel steht „Ausverkauf wegen Geschäftsaufgabe“.
Der Reformator Martin Luther lässt seine Kinder vom „Heiligen Christkind“ bescheren. Vorher bekamen die Kinder Geschenke vom Heiligen Nikolaus. Damit gibt es bei uns seit Luther das Christkind.
(Da müsste doch der Einzel- und Internethandel für das Lutherjahr ganz gross Spenden!).
Im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg steht eine mit Blumen bemalte Spanschachtel, die auf der Unterseite mit Tinte beschriftet ist: Zum Kindles-marck überschickt 1628. Das gilt als der älteste Nachweis eines Nürnberger Weihnachtsmarktes, der hier in Nürnberg Christkindlesmarkt heißt. Im Jahr 2015 wurde der wunderschöne Markt von mehr als 2,2 Millionen Menschen besucht. Zur Eröffnung des Marktes am Advends-Wochenende 2016 kamen über 20000 Menschen auf den Hauptmarkt. Eröffnet wird der Markt mit dem feierlichen Prolog des Christkinds seit 1933.
Bilder von oben: Der mittelalterliche Markt, das Christkind bei der Eröffnung von der Brüstung der Frauenkirche und unten die Budenstadt auf dem Nürnberger Hauptmarkt. Links der schöne Brunnen, der völlig renoviert in neuem Glanze erstrahlt. Nürnberg, des deutschen Reiches Schatzkästlein!
Natürlich nahm sich auch die Satire dieses Thema gründlich vor. Eulenspiegel (Wochenbeilage der Münchner Zeitung) Nr.52, 1913: Nette Bescherung: „Ihr packt ein? Zieht ihr um?“- „Das nicht! Aber wir kriegen Weihnachsbesuch…all meine kleinen Neffen und Nichten.“
Fliegende Blätter Dezember 1935: Was hast du dir denn von deinem Mann zu Weihnachten gewünscht?“ – „Wie immer dasselbe seit fünf Jahren,“ – „Nanu, so bescheiden? Was denn?“ – „Ein Auto“
Wünsche wie man sie auch heute hat- nur neuere Modelle
Für Berlin war das Jahr 1912, ein Jahr des Wirtschafts-Aufschwungs. Das seit der Jahrhundertwende verheiratete Ehepaar Wagner, wohnte seit 1911 in der Salzburger Straße 5 in Schöneberg. Fast 40 Jahre lang machten sie immer am Weihnachtsfest ein Erinnerungsfoto ihres Weihnachtsbaumes mit den Geschenken und den beiden Eheleuten.
Das Bild oben ist im Jahre 1912 aufgenommen. An den Geschenken könnt ihr sehen, was in diesem „Wohlstandsjahr“ en vogue war: Für die Hausfrau eine neue Wäschemangel (um 20 Mark), eine Kaffeemühle (1,75 Mark), ein Teppichroller, Gummihandschuhe und das Buch „Haus- und Gebrauchsmittel“. Der Hausherr erhielt eine neue Aktentasche für den Dienst (er war Eisenbahn-Betriebs-Sekretär).
Ungewöhnlich war das Wetter an diesem Weihnachtsfeiertag: Das Quecksilber zeigte 18 Grad Celsius.
Heilige Nacht (W.A.Schulz 1911)
Erinnerung
Ich weiß mir gar ein köstlich Ding
In der Erinnerung Schar:
Den Duft, der in der Stube hing,
Wenn Weihnachtsabend war.
Ich sang ihn mit der Seele ein
Aus Kinderfernen her.
Er macht wie süßer, alter Wein
Mein Herz mir fröhlich-schwer.
Es wird mir dann zumute schier,
Als wär die Welt ein Traum
Und alle Sterne über mir
Ein ew´ger Weihnachtsbaum.
Hermann Claudius
warten auf´s Christkind
Das Lied unten ist ein altes christliches Weihnachtslied von 1588. Ich fand es in einem Buch mit dem Titel „Deutsche Kriegsweihnacht“ ohne Jahreszahl. Für Ihre Zwecke änderten hier die Nationalsozialisten den Text, um die christliche Botschaft zu verschleiern. Im Originaltext heißt es: „Wie uns die Alten sungen, von Jesse (Jesaja) kam die Art“. Die Nazis machten daraus die Zeile: „Wie uns die Alten sungen, von wunderbarer Art)“. Eine sehr üble Fälschung.
Auch in den beiden grossen Kriegen, die Deutschland mitverursacht hatte, spielte das Weihnachtsfest eine wichtige Rolle. Waren es im ersten Weltkrieg Millionen von Postkarten, so war es im zweiten der Rundfunk. Es war eine emotionale Klammer zwischen den Soldaten in den vielen Ländern Europas und den Familien, die um ihre Väter und Söhne bangten. Ich denke oft an die Ring-Sendungen des Rundfunks. Es war bewegend, wie hier Söhne aus weit entfernten Ländern ihre Eltern und Ehemänner Frauen und Kinder in der Heimat grüssten. Natürlich waren es Propaganda-Sendungen- aber auch menschlich bewegende Worte der Beteiligten. Hier nun Bilder und Geschichten aus diesen tragischen Weihnachts-Zeiten…
Weihnachten im ersten Weltkrieg: Oben eine typische Weihnachtskarte von der Front an die Heimat von 1915. Unten eine noch siegessichere Truppe, die am Ende geschlagen und in grosser Not endete.
Ein Unglück reichte den Völkern Europas nicht. Das Morden musste weitergehen – schon nach 20 Jahren. Die nächsten Bilder und Texte erzählen davon.
Das Bild oben zeigt eine Familie ohne Vater. Der war in diesem Jahr(1944) auf dem grossen Rückzug eines verlorenen Krieges in Russland. Von ihm stammt der folgende Originalbericht:
Russland nach dem Weihnachtsfest 1942 bis Januar 1943. Nach der Niederlage von Stalingrad war die Deutsche Armee auf dem Rückzug. Davon wird in dem Buch „In der Welt habt ihr Angst“ berichtet:
Während ich noch eine Brücke suchte, die mich hinüberführen sollte zu meinen Kameraden, brach ein paar Schritte unser Läusel zusammen, Er riß Männe Schwarz, den er immer noch am Arm geführt hatte, mit sich in den Schnee. Ratlos umringten wir die beiden. Wir waren erschüttert, dass es gerade den Stärksten und Unverwüstlichsten, aber auch einen der zur Hilfe bereitesten unter uns traf. Wir mussten ihn auf jeden Fall wieder auf die Beine bekommen! Ohne einen Blick zur Seite zu wenden, zogen die anderen an uns vorbei. Es half aber nichts, wir mussten sie ziehen lassen und den Erschöpften eine Pause gönnen. So hockten wir uns um die beiden Liegenden: Gernoth und Scholz, Ede und noch drei von uns, ein fremder Hauptmann und ich.
Stumpf brüteten wir vor uns hin. Gernoth versuchte auf Läusel einzureden, aber seine Stimme erstarb. Solle diese furchtbare Niedergeschlagenheit unseren Kreis endgültig auseinanderreißen? Sollten ein paar, die noch konnten, nun aufstehen und bis zum eigenen Niederbruch weitergehen, indes die Zurückbleibenden im Anhauch des kalten Todes ihr müdes Haupt sinken ließen?
Da wusste ich mit einemmal, was ich zu tun hatte. Es war eine klare Weisung von oben. Ich fürchtete mich sie auszuführen. Aber sie war so unmißverständlich, daß meine Scham und mein Zittern vor ihr gegenstandslos wurden.
„Jetzt weiß ich nur noch eines“, sagte ich, „ihr werdet es absonderlich finden. Aber es ist wie ein Befehl…“
„Was ist es?“ fragte Gernoth.
„Ich soll das heilige Abendmahl reichen.“
In mir sprang eine Angst auf und lauschte gebannt, ob jetzt nicht einer sagen würde: Laß doch den Mumpitz! Oder: Mach doch kein Theater!
Doch alle schwiegen.
Ein stilles Gebet flog durch mich hin: „Ich bitte dich, Vater im Himmel, laß es doch nicht das Schweigen der Erschöpften sein. Mache sie deiner gewiß. Vergilt es nicht ihnen, dass ich, der ich Brot und Wein darreichen darf, ein schwacher, kleingläubiger, armseliger Mensch bin…“
„Ja“ sagte Gernoth, „das ist vielleicht gut.“
Und ich begann: „Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. So spricht unser Heiland: Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken!
Gebet, Zuspruch der Vergebung und die Einsetzungsworte.
„Herr, erbarme dich unser!
Christe, erbarme dich unser!
Herr, erbarme dich unser! Amen!
Dann zerbrach ich ein Stück Kommißbrot und teilte es aus. „Nehmet hin und esset, das ist der Leib Jesu Christi, für eure Sünde in den Tod gegeben, der stärke und erhalte euch im wahren Glauben zum ewigen Leben.“
Und die letzten Stückchen des gefrorenen Sektes reichte ich ihnen. „Nehmet hin und trinket, das ist das Blut Jesu Christi, für eure Sünden vergossen, das stärke und erhalte euch im wahren Glauben zum ewigen Leben.“
In das Vaterunser fielen raue, murmelnde Männerstimmen ein und nach dem Segen richtete sich Männe Schwarz auf und sprach seinen Vers:“Befiehl du deine Wege.“ Der Schluß „…der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann, klang so gewiß und getrost, dass mich eine heiße, zitternte Hoffnung erfüllte.
Läusel stand schwerfällig auf. „Weiter!“ sagte er; „es geht wieder!“ Alle kamen auf die Beine. Sie stampften mit den Füßen und schlugen die Arme zur Erwärmung der Schultern.
Gernoth reichte mir die Hand. „Das werden wir nie vergessen…“
Nun zogen wir rascheren Schrittes in die Nacht.
Der Verfasser des Buches, Max Wedemeyer, war Pfarrer und schrieb das Buch 1950. Einige der beteiligten Kameraden überlebten ebenfalls den Krieg und konnten diesen Bericht bestätigen.
Unten:
Unbekannter Soldat an sein noch nicht geborenes Kind:
Mein Kind, bewahre Dir die Liebe zum Leben; Aber wirf die Furcht vor dem Tode von Dir. Man muss das Leben lieben, sonst ist es verloren. Aber man soll es nicht zu sehr lieben. Bewahre Deinem Herzen den Hunger nach neuer Erkenntnis. Bewahre Dir den Hass gegen jegliche Lüge und bewahre Dir die Macht, das Schlechte zu verabscheuen.
Ich weiß nun, dass ich sterben muss und du musst geboren werden um auf dem Trümmerhaufen meiner Irrtümer zu stehen. Vergib mir. Ich schäme mich, Dir eine unordentliche und unbequeme Welt zu hinterlassen. Doch es muss so sein.
Ich küsse in Gedanken Deine Stirne um Dich zum letzten mal zu segnen. Gute Nacht mein Kind- guten Morgen und ein lichtes Erwachen
Ein Kind unter dem Christbaum im Jahre 1945. Die Mutter macht das Bild, der Vater ist vermisst. Vor dem Mädchen liegt eine lange Zeit des Friedens. Sicher haben die beiden auch die schönen Weihnachtslieder gesungen und dabei viele Tränen vergossen. Über das bekannteste dieser Lieder möchte ich hier berichten:
Am heiligen Abend 1818 überreichte der Hilfspriester Joseph Mohr dem Organisten Franz Xaver Gruber von der Kirche St. Nikolaus in Oberndorf im Salzburger Land ein Gedicht mit dem Ersuchen, eine passende Melodie für zwei Solostimmen samt Chor und Gitarre-Begleitung zu schreiben. Der Text des Gedichtes: “Stille Nacht, Heilige Nacht“. Er hatte diesen Text bereits zwei Jahre vorher geschrieben. Noch am gleichen Tag übergab Gruber dem Musikkundigen Joseph Mohr die Komposition. Es eilte deshalb so sehr, da die Orgel in der Kirche defekt war. Am selben Abend noch hat man zur Christmette in der neu errichteten Pfarrkirche St. Nikolaus das Lied gesungen. Begleitet wurde der Gesang nur durch die von Mohr gespielte Gitarre.Text und Melodie beeindruckte die in der Kirche anwesenden Gemeindeglieder tief. Ab 1833 trat das Lied seinen Siegeszug rund um die Welt an. Heute gibt es Übersetzungen in mehr als 300 Sprachen und Dialekte.
Hier seht ihr das Original- Notenblatt des Liedes.
Damit möchte ich für diesmal Ade sagen. Alle guten Wünsche für euch und eine gesegnete Weihnachtszeit wünscht von Herzen euch allen euer Ludwig
Mein Weihnachtsbaum im Jahre 2016